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Rastlos, ruhelos unterwegs?

Rastlos, ruhelos, innere Unruhe - Blogbeitrag der Praxis für Psychotherapie, Barbara Schlemmer, Dipl. Psychologin
Foto: CC0

Kennen Sie das? Viele Menschen beschreiben es so. Denn es findet sich für sie im Moment kein Zeichen in der Außenwelt, das sie erinnern würde: Pause zu machen. Luft zu holen. Abstand zum Alltag gewinnen. Innehalten. In Kontakt gehen. Corona-Maßnahmen verhinderten es: Kein Kaffee auf den gemütlichen Stühlen eines Straßencafés, kein Frühstück mit Freunden an einem schönen Frühstücksbuffet, kein Mittagstisch zusammen mit fremden Menschen, kein Kuchen oder Eis in der Fußgängerzone, kein vergnügliches Shopping, kein Dämmerschoppen, keine Treffen im Freundeskreis, kein Reisen, kein, kein, kein…

 

Der Verstand versteht es oder gibt sich zumindest Mühe es zu verstehen. Meistens. Aber nicht immer. Mancherorts lehnt er sich auf, wird skeptisch. Passt das alles oder ist gar Willkür im Spiel? Was gehen mich die anderen an? Emotionen kochen hoch oder verkriechen sich in tiefste Winkel der menschlichen Seele. Heftig, was alles so passiert. Hilft es wie aufgezogen mit dem Mountainbike durch den Wald zu rasen? Geht es einem wirklich besser, wenn man seinem Ärger über Social Media so richtig Luft gemacht hat? Wie fühlt es sich an, schon wieder einen Meinungsstreit vom Zaun gebrochen zu haben? Ich habe Recht, auch wenn ich mich irre! Helfen Schuldzuweisungen weiter: die Politiker, die Wirtschaft, die Epidemiologen, die Chinesen, die Finanzwelt, die, die, die?

 

Ganz schön was los. Innen wie außen. Im Außen lässt es sich durch den Einzelnen nicht wirklich verändern. Oder? Im Innern vielleicht schon. Wie das gehen soll? Der Monat Dezember bietet im westlichen Kulturkreis, in christlicher Tradition jede Menge Hinweise, die eine Spur dahingehend aufzeigen könnten. Man braucht sie nicht unbedingt im streng religiösen Sinn für sich zu verstehen. Kann man, muss man aber nicht. Könnte ja sein, dass man Religion ablehnt, weil… Dennoch könnte man die Tür ja einen Spalt weit offen halten. Einfach mal schauen, was es zu sehen gibt. Vielleicht könnte es was bringen? Okay?

 

Advent. Zwar keine Weihnachtsmärkte. Keine Feiern. Kein Glühwein. Aber ein Wort: Advent taucht als Wort auf. Es heißt übersetzt Ankunft. Kommt aus dem Lateinischen. Ankunft??? Wer, was wo? Auf dem Weihnachtsmarkt ankommen? Jetzt aber! In religiösen Bräuchen wird im Monat Dezember die Ankunft des Herrn (Kyrios, Adonai, Gott, des Göttlichen) gefeiert. Im weltlichen Bereich das sogenannte Weihnachtsgeschäft, die klingenden Kassen, die (aufgesetzte) Fröhlichkeit. Aber auch die ehrliche Vorfreude auf Gemütlichkeit, Ruhe, Stille, auf ein Zusammensein an Weihnachten: Familie oder Freundeskreis, in jedem Fall aber Gemeinschaft. Die wünscht man sich und braucht es auch so sehr. Quatsch?

 

Alles Quatsch? Advent ist sowieso nur Geschwafel? Vielleicht aber doch nicht. Wie wäre es mit einer Ankunft bei sich selbst? Wäre eine gute Alternative. Advent in sich selbst durch Ankunft im eigenen Innern? Was das soll? Rastlosigkeit, Ruhelosigkeit, Unzufriedenheit könnten doch durchaus eine Ursache darin haben, dass man viel zu lange im Außen unterwegs war. Könnte ja zumindest sein. Dann wäre es doch eine gute Idee, mal zu schauen, wo dies herkommen könnte. Die psychovegetative und die psychomotorische Unruhe müssten doch Ursachen haben. Die müssen ja nicht im Außen begründet sein: Weshalb mein innerer Motor im Außen ständig auf Hochtouren laufen muss? Gibt es Gefühle und Bedürfnisse, die ihn speisen? Fehlt es möglicherweise an Ruhe, Geborgenheit, Zugehörigkeit, Wertschätzung, Liebe? Schwer einzugestehen. Könnte aber sein. Man braucht es ja nicht gleich an die große Glocke zu hängen. 

 

Dann, wenn es so wäre, könnte man ja schauen, wie man damit künftig umzugehen lernt. Vielleicht gibt es andere Wege als die, die man bereits kennt. Könnte ja sein. Möglicherweise lassen sich neue, unbetretene Pfade finden? Oder ein alter, bekannter Weg wird neu entdeckt? Wer weiß. Das alte Adventlied „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ könnte ermuntern, es zu tun. Man könnte es ja als Zeichen, als Hinweis verstehen. Vielleicht wird die Stimme, die da ruft, sogar zu einer inneren: „Komme bei dir an“, damit ein anderes Ankommen möglich wird.

 

Solch ein Ankommen, das wünscht Ihnen von Herzen, das Team der Praxis für Psychotherapie, Barbara Schlemmer, Dipl. Psychologin und Andreas Schlemmer, Heilpraktiker für Psychotherapie. Kommen Sie an. Lassen Sie es darauf ankommen. Bleiben Sie gesund oder werden Sie es wieder. Leben Sie Ihr Leben. Immer. Auch in dieser Zeit.