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Über die Sinnhaftigkeit von Gefühlen

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Gefühle (Foto: CC0, Jess Foami auf Pixabay)

Hochgefühle, Glücksgefühle lösen in der Regel wenige Gedankengänge aus. Sie werden meist wohlwollend hingenommen, selten hinterfragt, manchmal auch dankbar registriert. Zweifel über den Sinn von Gefühlen kommen erst auf, wenn man sich in einer „schlechten“ Gefühlslage zu befinden glaubt. Welchen Sinn soll es haben, wenn man das Leidvolle, das einem widerfährt, zusätzlich auch noch richtig heftig spüren soll? Vor allem wird die Frage dann existenziell, wenn die Aussicht auf Veränderung eher trübe ist. Hoffnungslos, voll Schmerz, verletzt und dies alles in Summe fühlen müssen? Der Wunsch nach Vermeidung dieser Gefühle ist gut nachzuvollziehen: „Wenn ich doch bloß das Dunkle oder seelisch Schmerzhafte in mir (für immer) abschalten könnte! Ich möchte nicht mehr daran erinnert werden.“ Endlich Schluss damit. Gut zu verstehen. Aus. Ende. Basta. Wer weiß nicht darum?

 

Ohne Gefühle

 

Nachgedacht: Wie wäre ein Leben ohne solche Gefühle? Ausgeschaltet, abgespalten und dadurch glücklicher? Allzeit eher im „grünen Bereich“? „The optimist“. Menschen wären möglicherweise beruflich und im privaten Leben zu konstanterer Leistung befähigt. Der „rote Bereich“ wäre nicht mehr unmittelbar erkennbar. Also keine Farbunterschiede, keine Signalampel. Das Gefühl der Überforderung könnte nicht entstehen. Keine Erinnerung daran. Grenzen würden erst sichtbar, wenn sie überschritten wären. Der Zusammenbruch wäre immer das entsprechende Signal. On/Off, Ein/Aus, das genügte. Wünschenswert? Nein. Nach dem Zusammenbruch wieder aufzustehen, ist deutlich anstrengender als wenn es vorher gelingt.

 

Mit Gefühlen

 

Gefühle liefern wichtige Informationen über den inneren Zustand. Sie sind sozusagen Gradmesser des komplexen Systems „Mensch“. Sie sind Ausdruck wahrgenommener Emotionen (ex movere lat. - sich nach außen bewegen.) Emotionen wie Freude, Ärger, Angst, Überraschung, Trauer, Ekel dienen - ähnlich Urinstinkten - dem Überleben. Die Evolution hat Gefühle als Ausdruck von Emotionen hervorgebracht, um das Durchhalten der Spezies Mensch abzusichern: „Es kommt aus dem Innersten etwas hervor, dass sich nach Außen bewegen möchte, um eine wichtige (lebensnotwendige) Information zu geben.“ Übrigens: Alle höheren Lebewesen haben Emotionen und zeigen Gefühle. Sie fördern die Anpassung an die Umwelt und optimieren die Aufrechterhaltung höheren Lebens.

 

Gefühle, Gefühle

 

Sind Gefühle immer angenehm oder unangenehm? Nein. Gefühle als Ausdrucksform von Emotionen sind weder gut noch schlecht. Sie liefern zunächst nur Informationen. Sind Gefühle immer ausdrückbar? Nein. Durch Achtsamkeit kann es gelingen, sie vorurteilsfrei und ohne Bewertung zu erleben. Die Haltung hierzu wäre die eines inneren Beobachters.

 

1000 Gefühle

 

Blättern Sie doch einmal in dem schönen Buch: „1000 Gefühle, für die es keinen Namen gibt“ (Mario Giardano, Berlin 2013) und Sie werden staunen, was Sie nachempfinden oder spüren können, ohne dass Sie es unbedingt mit einem Gefühlsausdruck beschreiben könnten.

 

Kommen Sie gut durch den Sommer und durch alle Jahreszeiten Ihrer Gefühle. Das wünscht Ihnen von Herzen, die Praxis für Psychotherapie, Barbara Schlemmer, Dipl. Psychologin.