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Jemand sein wollen, der man nicht ist?

Jemand sein wollen, der man nicht ist - Blogbeitrag der Praxis für Psychotherapie, Barbara Schlemmer, Dipl. Psychologin
Foto CC0

Wie groß ist das Streben nach einer Größe, nach einer Qualität im Leben, von der man sagen kann: Jetzt habe ich es erreicht. Jetzt bin ich wer. Jetzt bin ich auf der sicheren Seite. Jetzt kann mir nichts mehr passieren. Jetzt, ja jetzt habe ich endlich Ansehen, genieße Anerkennung im Leben. Jetzt sehe ich endlich so aus, dass ich vorzeigbar bin und andere mich begehren.

 

Wer kann solche Gedanken verdenken? Jeder wird sich schon einmal die ein- oder anderen Gedanken in dieser Hinsicht gemacht haben. Es sei denn, man wäre vollkommen frei von Projektionen, Vergleichen und anderen seelischen Ausgleichsmanövern.

 

Dann müsste es im Leben von Kindheit an vorbildlich gelaufen sein. Soll es ja auch geben, dass man keinerlei Defizite verspürt, was die eigene Person angeht. Perfekt gebaut. Hoch intelligent. Tiefsinnig. Begabt. Schön anzusehen. Geldbeutel gefüllt. Immer bester Laune. Nie alleine. Und ähnliche Attribute mehr.

 

Glücklich dann? Oder vielleicht auch wie viele andere Menschen weiterhin auf der Suche nach dem, was noch glücklicher macht? Oder vielleicht aber auch in Angst lebend, das Erreichte zu verlieren?

 

Wie auch immer. Entscheidend ist vielleicht der Preis, den man bereit ist zu zahlen, für die perfekte Performance und die absolute Sicherheit der eigenen Person.

 

Matt Haig lässt in seinem Roman „Die Mitternachts-Bibliothek“ (München, 2021) seine Protagonistin „Nora“ auf eine innere Erlebnistour gehen, nachdem sie sich wohl entschlossen hat, ihrem bisherigen Leben ein Ende zu setzen. Vollkommen unverhofft gerät sie in einen inneren Zustand zwischen Leben und Tod und macht dort mitten in der Nacht eindrucksvolle Begegnungen mit Anteilen der eigenen Persönlichkeit.

 

So begegnet sie sich innerlich selbst als „Nora“ in der Verkleidung „einer Jeanne d’Arc der Selbsthilfe“, die zu ihr spricht:

 

„Wenn du danach strebst, jemand zu werden, der du gar nicht bist, wirst du immer scheitern. Strebe danach, du selbst zu sein. Strebe danach, wie du selbst auszusehen, zu handeln und zu denken. Strebe danach, die wahrhaftigste Version deiner selbst zu sein. Sei ganz Du. Nimm dich an. Liebe dich selbst. Arbeite mit aller Kraft daran. Und achte nicht darauf, wenn andere Leute sich darüber lustig machen. Klatsch ist meistens nur Neid…“

 

Mensch, was soll man dazu sagen. Vielleicht prima, wenn es klappt wie oben beschrieben oder gut gemacht, wenn es gelingt. Aber man darf nicht vergessen, dass es für Normalsterbliche ein Weg ist, dorthin zu gelangen. Vielleicht aber auch eine Lebensaufgabe, die Sinn macht und zudem ein Mehr an innerer Zufriedenheit und Stärke bedeuten könnte.

 

Diesen Weg zu gehen und dabei nicht zu verzagen, das wünschen Ihnen von Herzen, das Team der Praxis für Psychotherapie, Barbara Schlemmer, Dipl. Psychologin und Andreas Schlemmer, Heilpraktiker für Psychotherapie.