Spruchbild 60 - Angst

Angst oder Vertrauen (Eugen Drewermann) - Spruchbild der Praxis für Psychotherapie, Barbara Schlemmer, Dipl. Psychologin
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„Die Angst wird man nicht abschaffen, indem man sie verdrängt, betäubt oder mit Psychopharmaka chemisch wegmedikamentiert.

 

Die Angst ist der Hintergrund des Vertrauens.

 

Das Bild dafür finden wir im 14. Kapitel des Matthäusevangeliums: beim Gang Jesu über das Wasser.

 

Das ist das Bild für das gesamte Verständnis unseres Lebens in den zwei Aspekten.

 

Unser ganzes Dasein ist ein Weg ans andere Ufer über ein Wasser, das eigentlich nicht tragen kann.

 

Hören wir das Rauschen der Wellen und des Windes, wird die Angst uns packen und nach unten ziehen.

 

Wir sind dann wie Ertrinkende.

 

Wir können strampeln, wie wir wollen.

 

Es ist nur eine Frage der Zeit, wann uns die Wirklichkeit, die Endlichkeit einholt.

 

Oder wir schauen in die Augen der Person, die vom anderen Ufer auf uns zukommt.

 

Und die uns fragt: Was bist du für ein Kleingläubiger?

 

Das ist das Rettende.

 

Entscheidend ist, worauf wir schauen: auf das Gegenüber, das von Gott auf uns zukommt, oder ob wir in die Welt hineinschauen, die sich öffnet wie ein gähnendes Loch.  

 

Angst oder Vertrauen sind die beiden möglichen Vorzeichen vor der Klammer von all dem, was sich in unserem Leben inmitten der Klammer, gewissermaßen arithmetisch, abspielt.“

 

(Eugen Drewermann, „Die Stunde des Jeremia – Für eine Kirche, die Jesus nicht verrät“, Düsseldorf, 2020)