Geborgen im Grenzenlosen - Neue Wege im Umgang mit dem Sterben
Geborgen im Grenzenlosen - Neue Wege im Umgang mit dem Sterben (Lisa Freund, München, 2012)
Nicht unbedingt ein Thema, um das man sich reißt, trotz des berühmten altrömischen und allseits bekannten „Memento Mori“ - Gedankens („Gedenke des Todes“). Den Tod zu denken, ihn zu bedenken, mit einem guten, gesunden Abstand, ist wahrscheinlich auch nicht so sehr schlimm. Denn Gedanken kommen und gehen, fliegen vorüber, sind oftmals nur von kurzer Dauer.
Sich darauf einzulassen, vielleicht auch in Krankheits- oder Krisensituationen, hieße aber, sich denkend und fühlend möglicherweise abstandslos einzulassen. Das ist nicht ganz so einfach und könnte schon einer mächtigen Herausforderung gleichkommen. Mulmige Gefühle, Gefühle des Unbehagens könnten sich einnisten. Sich trotz dessen mutig weiter darauf einzulassen und auch nicht vorschnell eins der Erklärungs- und Trostmodelle der Weltreligionen zur Hilfe zu nehmen, kommt dann nochmal einer besonderen Herausforderung nahe. Denn (Todes)Ängste und apokalyptische Gedanken könnten es schwierig machen, diesen Weg zu gehen.
Deshalb sucht dieses Buch einen neuen Umgang mit dem Lebensende. Es braucht Modelle und Vorstellungswelten, die das ungeliebte, aber unausweichliche Thema begleiten ohne schönzureden oder zu vertrösten, aber Perspektiven des Vertrauens liefern. Und das macht die Autorin richtig gut. Lisa Freund ist eine erfahrene Sterbebegleiterin und verfügt über ein großes Erfahrungspotential, was diese Grenzsituationen mit Betroffenen und Angehörigen macht. Sie kennt die Sorgen und Nöte. Sie weiß um die vielen unguten Gefühle, die zu Tage treten können. Sie weiß, was Menschen dann brauchen und was sie sich wünschten.
Das Buch spricht über den Prozess, Gast auf Erden zu sein. Es wirft einen Blick auf Hospizbewegung, Alterspyramide, Ethik des Sterbens, Tod zuhause oder anderswo, kontrolliertes Sterben und ähnliches. Die Autorin regt an, über das Leben nachzudenken und regt neben dem Kontemplativem auch Praktisches an: wie z.B. das Loslassen von Besitz, Plänen und Beziehungen, das Verfassen eines Testamentes und von Verfügungen und Vollmachten, das Regeln der letzten Dinge, das Ordnen und Sortieren von Gefühlen und Bedürfnissen ...
Das Einsehen der Endlichkeit hat gerade in schwerer Krankheit unabdingbare Folgen für die eigene Gefühlswelt, die sanft abgefangen und begleitet werden will. Dazu liefert das Buch gute Hilfen, einfühlsame Texte und Übungswege an.
Es richtet sich auch ein Blick darauf, wie Sterbenskranke begleitet werden wollen. Angehörigen und Helfern wird ein Basiswissen darüber vermittelt. Aber auch Ihnen werden Wege aufgezeigt, wie sie selbst umgehen können mit dieser Situation und welche Hilfen es für sie gibt.
Spirituelle Begleitmöglichkeiten, Seelsorge, Kraftquellen verbunden mit uraltem menschlichem Wissen über Diesseits- und Jenseitsvorstellungen verschiedener Kulturen und Religionen runden das Ganze ab.
Absolut lesenswert, denn an diesem Thema kommt man sowieso nicht vorbei. Das Leben endet nun mal tödlich, wie es leicht sarkastisch durchaus auch formuliert werden kann.
(Taschenbuch im Großformat) 329 S.